There's Nothing to Lose, When No One Knows Your Name

10.

Als wir wieder zurück an unserem Zelt waren (Wir hatten uns Nudelboxen bei einem Chinesischen Stand gekauft), war es bereits halb 9 abends. Die Sonne ging langsam unter. Weil unser Zelt direkt am Dutzendteich stand, konnte ich den schönsten Sonnenuntergang, den ich je in meinem Leben gesehen hab, bestaunen. Wow, was für ein Gefühl. Ich glaub, so glücklich war ich mein ganzes Leben noch nicht. Höchstens vielleicht, als ich mit Chris zusammen gekommen bin, aber das gehört nicht in die Gegenwart, er und meine Gefühle für ihn sind Vergangenheit.
Wie ich so am See saß und die untergehende Sonne beobachtete, kam Sam mit zwei Bier in den Händen. Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich neben mich und reichte mir ein Bier. Ich nahm es dankend. Eine Weile saßen wir einfach bloß nebeneinander und sagten nichts, doch dann wurde mir die Stille zu unangenehm.
"Ich liebe Sonnenuntergänge", ich schaute zu ihm hinüber, und er lächelte mich warmherzig an.
"Lach mich jetzt bitte nicht aus, aber ich find die auch wunderschön."
"Ach, warum sollte ich dich denn auslachen?!", ein wenig war ich schon über seine Aussage verwirrt.
"Naja, ich bin schließlich ein Junge, und sowas ist doch total unmännlich"
"So ein Scheiß. Ich könnte dir jetzt einen Vortrag darüber halten, was ich von unserer Gesellschaft halte, aber das lass ich lieber", ich grinste ihn an.
Er fing an zu lachen. Kein "haha-bist-du-dumm" Lachen, sondern ein "OMG-ich-bin-froh-dass-du-das-so-siehst" Lachen. Ich stieg in sein Lachen mit ein. Wir saßen noch ein paar Minuten so da, Schulter an Schulter, bis Mikes Stimme von unseren Zelten erklang.
"Sam? Zoey? Wollt ihr mit Wahrheit oder Pflicht spielen?"
Ich sprang sofort auf. Ich war vielleicht schon 17, aber stand immer noch extrem auf diesen Scheiß. Sam, dem die Idee offenbar auch gefiel, und ich gingen zu den anderen beiden. Sie hockten schon auf dem Gras, vor ihnen eine leere Plastikflasche.
"Ok, wer fängt an?", fragte ich
"Ladies First", Oli reichte mir die Flasche.
Ich drehte, doch beim ersten Versuch rollte sie fast in den See/Teich/was-auch-immer-der-Dutzendteich-ist (passiert). Beim zweiten Anlauf gelang es mir dann doch; die Flasche zeigte - wie könnte es anders sein - auf mich (Jackpot!)
Die anderen lachten.
"Pflicht. Ich nehm Pflicht.", sagte ich, ohne groß zu überlegen.
"Okay. Ähm, geh in ein Dixi Klo und bleib da eine Minute drin", Mike grinste mich an.
Ok, das war ja gar nicht so schlimm, dachte ich mir. Ich stand auf -die anderen taten es mir gleich- und während ich fest entschlossen Richtung eines der Dixi Klos ging, bekam Mike meinen Mittelfinger zu sehen. Trotzdem ging ich in das blaue Häuschen hinein. Es stank gar nicht so, wahrscheinlich wurde das Dixi gerade eben erst sauber gemacht. Glück gehabt.
Die eine Minute verging schnell, und als ich wieder an die frische Luft trat, applaudierten mir die drei Jungs.
Wir gingen zurück zum Zelt, und spielten noch einige Runden. Sam musste eine peinliche Geschichte auspacken (die im Übrigen wirklich sehr peinlich war!), Mike musste 3 Mädchen fragen, ob sie mit ihm schlafen wollten (um es mal nicht allzu vulgär auszudrücken), und Oli musste von einem Lehrer Crush beichten.
Schließlich war es kurz vor 11, und wor beschlossen, ins Bett zu gehen. Morgen würden die ersten Bands spielen, da wollten wir fit sein.
Als die Jungs in ihr Zelt und ich in meins gehen wollten, realisierte ich, dass es mir gar nicht geheuer war, ganz allein in einem Zelt zu schlafen. San schien das wohl zu merken, denn er fragte mich, ob er sich zu mir legen sollte. Ihr Zelt sei eh zu klein für 3 ausgewachsene Jungs.
Ich nickte dankend. Er nahm seinen Schlafsack und kam damit in mein Zelt. Weil mein Zelt nicht gerade das größte ist, lagen wir ziemlich aneinander gequetscht da, aber das machte mir nichts aus, so war es wenigstens warm und behaglich. (Obwohl es den Tag über 30+ Grad hatte, hat es jetzt in der Nacht sehr stark abgekühlt.)